Mit der Geschichte „Vom Sinn des Lebens“ verabschieden wir uns auch hier im Blog aus diesem besonderen Jahr. Allen Freunden der Itzehoer Akademie wünschen wir ein besinnliches Weihnachtsfest.
Wir freuen uns auch in 2021 auf spannende Begegnungen mit Ihnen.
Ludwika und Matthias
Geschichte vom Sinn des Lebens
Ein Investmentbanker stand in einem kleinen mexikanischen Fischerdorf am Pier und beobachtete, wie ein kleines Fischerboot mit einem Fischer an Bord anlegte. Er hatte einige riesige Thunfische geladen.
Der Banker gratulierte dem Mexikaner zu seinem prächtigen Fang und fragte, wie lange er dazu gebraucht hätte.
Der Mexikaner antwortete: „Ein paar Stunden nur, nicht lange.“
Daraufhin fragte der Banker, warum er denn nicht länger auf See geblieben sei, um mehr zu fangen.
Der Mexikaner sagte, die Fische reichen ihm, um seine Familie die nächsten Tage zu versorgen.
Der Banker fragte wiederum: „Aber was tun sie denn mit dem Rest des Tages?“
Der Fischer erklärte:
„Ich schlafe morgens aus, gehe ein bisschen fischen, spiele mit meinen Kindern, mache mit meiner Frau Maria nach dem Mittagessen eine Siesta, gehe im Dorf spazieren, trinke dort ein Gläschen Wein und spiele Gitarre mit meinen Freunden. Sehen sie, ich habe ein ausgefülltes Leben.“
Der Banker erklärte:
„Ich bin Harvard -Absolvent und könnte ihnen ein bisschen helfen.
Sie sollten mehr Zeit mit dem Fischen verbringen und von dem Erlös ein größeres Boot kaufen. Mit dem Erlös wiederum könnten sie mehrere Boote kaufen, bis sie eine Flotte haben. Statt den Fang an einen Händler zu verkaufen, könnten sie direkt an eine Fischfabrik verkaufen und schließlich eine eigene Fischverarbeitungsfabrik eröffnen. Sie könnten Produktion, Verarbeitung und Vertrieb selbst kontrollieren.
Sie könnten dann dieses kleine Fischerdorf verlassen und nach Mexiko City oder Los Angeles oder sogar New York City umziehen, von wo aus sie dann ihr florierendes Unternehmen leiten.“
Der Mexikaner fragte: „Und wie lange wird dies alles dauern?“
Der Banker antwortete: „So etwa 15 bis 20 Jahre.“
Der Mexikaner fragte: „Und was ist dann?“
Da lachte der Banker und sagte:
„Dann kommt das Beste. Wenn die Zeit reif ist, können sie mit ihrem Unternehmen an die Börse gehen; ihre Unternehmensanteile verkaufen und sehr reich werden. Sie könnten Millionen verdienen.“
Der Mexikaner sagte: „Millionen… und dann?“
Der Banker sagte:
„Dann können sie aufhören zu arbeiten. Sie können in ein kleines Fischerdorf an der Küste ziehen, morgens lange ausschlafen ein bisschen fischen gehen mit den Kindern spielen!!! Eine Siesta mit ihrer Frau machen, im Dorf spazieren, am Abend ein Gläschen Wein genießen und mit ihren Freunden Gitarre spielen; und Sie haben ein ausgefülltes Leben.“
Erzählung nach Heinrich Böll „Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral“, abgewandelt
©Bild: Itzehoer Akademie