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„Sei kein Vorbild“ – so hat Dr. Eckart von Hirschausen eines seiner Feuilletons betitelt. Als Psychologin habe ich den Text sofort aufmerksam gelesen: Schließlich „predige“ ich seit Jahren in meinen Seminaren & Coachings genau das Gegenteil.

Aus dem Artikel habe ich von der Studie der Psychologen Lauren Howe und Benoit Monin erfahren. Sie belegt, dass wir den Umgang mit extrem disziplinierten Menschen meiden. Solche Menschen sind stets in der Lage, sich selbst gesetzte Ziele zu erreichen. Das können Diäten sein, sportliche Vorsätze (etwa ein Marathonlauf), mit dem Rauchen aufzuhören, mehr Ordnung in der eigenen Wohnung zu schaffen oder ähnliches.

Warum ist das so? Warum scheinen wir Menschen, die uns als Vorbild dienen können, nicht zu mögen?

Eine mögliche Erklärung ist es, dass derart disziplinierte Menschen uns vor Augen führen, wie nachlässig wir selbst mit uns sind. Häufig gelingt es nicht, sich an die eigenen Vorsätze zu halten. Wenn wir uns beispielsweise vornehmen, mehr Sport zu treiben und jeden Tag auf die Laufstrecke zu gehen, kann der Vorsatz schon bald scheitern. Nach einer Weile beginnen wir, immer mehr Gründe zu (er-) finden, warum es heute gerade doch nicht klappt. Etwa weil der Arbeitstag anstrengend war, wir Freunde treffen möchten, wir gerade besonders müde sind usw. Darin, uns vor uns selbst zu rechtfertigen, sind wir meistens großartig. Und auf diese Art und Weise geraten unsere tollsten Vorsätze schnell wieder in Vergessenheit.

Aber was könnten wir tun, um uns selbst zu motivieren.
Viele Motivationstechniken beruhen darauf, sich die Ziele konkret vor dem inneren Auge ausmalen. Noch einfacher ist es, sich ein konkretes Vorbild ausdenken – eine Person aus unserem oder dem öffentlichen Umfeld. Bei den Bemühungen, unser Ziel zur erreichen, soll es motivierend sein, an diese Person zu denken. Das scheint jedoch offensichtlich nicht so gut zu funktionieren, wie es die Studie belegt. Wir hören immer wieder auf, die selbstgesetzten Ziele zu verfolgen.

Der Weg zu einem Ziel ist meistens holprig. Wir fangen an, hören wieder auf und fangen wieder an. Es ist ein bisschen wie Autofahren lernen. Wir haben alle Tiefen und Höhen während der Fahrstunden erlebt. Und so ist das im echten Leben auf dem Weg zum Ziel. Der Weg ist nie eine breite und gerade Autobahn. Das ist eher wie ein kleiner Pfad im dichten Wald, den wir uns freimachen müssen. Freimachen von vielen Versuchungen, Abzweigungen, bequemen Plätzen die uns einladen zu verweilen und Anstrengung zu reduzieren.

Da ich seit vielen Jahren alles, dass ich den Teilnehmern meiner Workshops erzähle, selbst ausprobiere, habe ich zwei kleine Schritte entdeckt, die ich im Sinne der Selbstmotivation als sehr hilfreich empfinde.

Schritt 1.

Setzen Sie sich am Anfang sehr kleine eben „lächerlich kleine“ Ziele

Wenn Sie beispielweise Ihre Fitness steigern wollen, so fangen sie einfach sehr klein an. Nehmen Sie sich vor, einmal pro Woche 10 Minuten zu laufen oder Kräftigungsübungen zu trainieren. „Zu kurz“, sagen Sie? Dafür lohnt es nicht, die Trainingsschuhe anzuziehen? Das macht nichts. Sie können immer noch länger trainieren wenn Sie Ihre Sportkleidung erst einmal am Körper tragen.

Auf diese Weise machen Sie sich den psychologischen Effekt des geringsten Widerstandes zu Nutze.

Was das bedeutet?

Da Ihr gedankliches Ziel lächerlich klein ist, geht das limbische System nicht auf die Barrikaden. Das limbische System ist ein Areal im Gehirn, das dafür verantwortlich ist, auf Veränderungen zu achten und „Alarm“ zu schlagen, wenn Veränderungen zu groß sind. Dann können sie bedrohlich für uns werden, und das limbische System spannt seinen Schutzschirm auf und holt uns aus der Situation. Es kann nämlich nicht unterscheiden ob eine Änderung gesunde oder ungesunde Konsequenzen hätte. Und in der Tat: Zu viel Training am Anfang kann tatsächlich gesundheitlich bedrohlich werden. Kurzatmigkeit, Herzrasen, Muskelkrämpfe seien hier als Beispiel genannt. Wenn Ihr gedankliches Ziel jedoch lächerlich klein ist, wird das limbische System gelassen bleiben und nicht aktiv werden.

Wenn Sie also lächerlich kleine Ziele formulieren, werden Sie Ihren inneren „Wächter“ (manche sprechen von dem inneren Schweinehund) nicht aus dem Schlaf wecken. Nachdem Sie ein paar Wochen Ihr kleines Ziel erreicht haben, werden Sie ohne Frust und ganz automatisch neue Ziele angehen und Schritt für Schritt erreichen. Sie haben das eigene Überwachungssystem überlistet .

Schritt 2

Augen auf bei der Wahl des Vorbildes

Wenn Sie ein Vorbild für ein bestimmtes Ziel auswählen möchten, ist es sinnvoll, hierfür jemanden aus dem eigenen sozialen Umfeld auszuwählen. Weshalb? Sie können mit dieser Person sprechen und sich über Stolpersteine und Niederlagen auf dem Weg zum Ziel austauschen. Es ist sehr hilfreich, zu erkennen, dass Dinge auch bei anderen Menschen nicht immer sofort geklappt haben.
Falls Sie kein persönliches Vorbild kennen, wählen Sie sich bitte ein „Anti-Vorbild“! Was das ist? Ganz einfach. Suchen Sie ich eine Person, die das verkörpert, was sie nicht sein möchten. Wenn Ihr Ziel ist abzunehmen, wählen Sie also eine Person, die Sie für sich als „sehr dick“ definieren.

Warum das bei der Selbstmotivation helfen kann?

Solche „Anti-Vorbilder“ können in Ihnen negative Gefühle auslösen – mit motivierender Wirkung: Unsere negativen Emotionen haben eine Schutzfunktion, die sich im Laufe der Evolution entwickelt hat und unser Überleben sichert.

Dr. Hirschhausen berichtete in seinem Artikel von einem sehr dicken Arzt (der höchstwahrscheinlich auch Bluthochdruck hatte, weil er kurzatmig und rot im Gesicht war), bei dem er als kleine Junge mit seiner Mutter war. Der Arzt saß auf einem Stuhl, mit dem er im Zimmer hin und her rollte (ohne aufzustehen) und hat ihm, aufgrund seiner Diagnose, jeglichen Sport verboten. Dr. Hirschhausen kommentierte diese Erinnerung aus seiner Kindheit: „Seit dieser Zeit habe ich mich fest entschlossen, systematisch im Leben Sport zu treiben, um niemals so zu werden, wie dieser Arzt. Es hat gut geklappt.“
Das war ein sehr gutes „schlechtes Vorbild“.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen lächerlich kleine Ziele für jeden Anfang und viele gute „schlechte Vorbilder“.

Bleiben Sie dran, gesund und neugierig.
Ludwika