Vielleicht erinnern Sie sich? Am Ende des vorherigen Beitrags unserer Reihe „Gesund führen – aber wie?“ haben wir zwei Fragen gestellt:
- Geben Sie genug Anerkennung?
- Bekommen Sie genug Anerkennung?
Sie dürfen nun selbst einschätzen: Zu welcher Frage haben wir wohl eine höhere Resonanz erhalten?
Wenn Sie denken, es ist die „Frage 1“, dann sind sie vermutlich nicht allein damit. Dennoch liegen sie mit dieser Vermutung knapp daneben 😊. Es war tatsächlich die „Frage 2“, die mehr Bestätigung ausgelöst hat. Viele unserer Leser erhalten also „genug Anerkennung“ am Arbeitsplatz. Das finden wir großartig und drücken beide Daumen, dass es so bleibt.
Natürlich hat unsere kleine Umfrage die eine oder andere Unwucht. Weder wissen wir, wie viele Führungskräfte und wie viele Mitarbeitende teilgenommen haben, noch sind andere charakteristische Aspekte (wie bspw. Alter, Berufsrolle, etc.) darin erfasst. Gerade in Versicherungsmakler-Betrieben beobachten wir oft, dass Führungskräfte recht bescheiden auftreten und gleichzeitig hohe Ansprüche an ihr eigenes Verhalten im Berufsalltag stellen. Möglich also, dass der eine oder andere zwar viel Anerkennung spendet, diese jedoch nicht für ausreichend hält. Das wäre ein Ansatz, die Umfragewerte zu erklären.
Denn Fakt ist: Bei den meisten Umfragen dieser Art wird ein anderes rätselhaftes Ungleichgewicht sichtbar. Es gibt im beruflichen Kontext deutlich mehr Menschen, die das Gefühl haben, dass Sie viel mehr Anerkennung geben als sie erhalten. Und zwar unabhängig von hierarchischen Aspekten – das Phänomen, im Arbeitsalltag zu wenig Anerkennung zu finden, betrifft Führungskräfte ebenso wie Mitarbeitende ohne Personalverantwortung.
Wie kommt es zu diesem rätselhaften Missverhältnis?
In unseren Führungskräfte-Workshops erfahren wir immer wieder, dass Anerkennung mitunter ganz bewusst sparsam dosiert wird. Die Gründe bzw. genannten Hypothesen dafür sind sehr unterschiedlich.
- „Leistung ist doch selbstverständlich: Dafür bekommen meine Mitarbeitenden schließlich Geld“
- „Ich selbst bekomme auch kein Lob oder Anerkennung“
- Befürchtung negativer Konsequenzen (z.B. „Die Mitarbeitenden legen die Hände in den Schoß oder fordern direkt eine Gehaltserhöhung“ oder Spannungen und „Gerede“ unter Mitarbeitenden, wenn der Zuspruch als unverhältnismäßig, einseitig, ungerecht empfunden wird).
Diese und ähnliche Rückmeldungen erhalten wir immer wieder. Und immer wieder wird insbesondere der Hinweis darauf, dass die Mitarbeitenden für die erbrachte Leistung doch bezahlt würden, als Grund dafür genannt, weshalb sich Führungskräfte mit Anerkennung zurückhalten. In anderen Worten lässt sich diese „Top-Antwort“ so zusammenfassen: Leistung am Arbeitsplatz ist selbstverständlich. Gehalt und Sicherheit des Arbeitsplatzes stehen über allem. Da bleibt für Lob und Anerkennung nicht viel Raum.
Zugegeben, viele Versicherungsmakler/innen, die ihr Unternehmen oft aus dem Nichts gegründet und aufgebaut haben, sind stark und autark. Sie arbeiten gern allein und benötigen von einem Vorgesetzten, auf den sie ja bewusst verzichtet haben, keine Anerkennung im Berufsalltag. Manchmal war sogar gerade das der Grund für den Weg in die Selbständigkeit. Aber auch für diese Menschen gilt, dass sie zufriedener sind, wenn sie von Kunden oder aus ihrem Umfeld Lob und Anerkennung erfahren. Das wird uns sogar von den überzeugtesten „Anerkennungsverweigerern“ unter den Führungskräften bestätigt 😊.
Genau an diesem Punkt fragen wir dann genauer nach. Wie ist das genau, wenn man von einem Kunden anerkennende Worte hört? Legt man dann gleich die Hände in den Schoß? Schaltet man runter in den „Dienst nach Vorschrift Modus“, um beim nächsten Mal nicht gleich erneut gelobt zu werden? Oder überlegt man gar, dem Kunden künftig ein zusätzliches Honorar zu berechnen? Schließlich ist der ja wahnsinnig zufrieden.
Natürlich zieht niemand all das ernsthaft in Erwägung. Anerkennende Worte machen glücklich, zufrieden und vielleicht auch stolz und dankbar.
Das wiederrum spendet Energie, wir sind motivierter bei der Arbeit und empfinden mehr Spaß dabei! So ergeht es dem Chef und so geht es den Mitarbeitenden.
Die Formel lautet:
Leistung + Anerkennung = Motivation & Zufriedenheit.
Wir möchten Sie daher herzlich auffordern, da wo es angebracht ist, nicht mit Anerkennung zu sparen. Dafür sprechen auch viele medizinisch/psychologische Perspektiven (u.a. nach Dr. Anne Katrin Matyssek aus „Gesund führen – sich und andere“):
- Endorphine (sog. Glückhormone) werden ausgeschüttet – diese senken das Depressionsrisiko.
- Das Leistungshormon Dopamin wird freigesetzt – die Motivation und Arbeitsfähigkeit werden verbessert.
- Das „Vertrauens“-Hormon Oxytocin wird freigesetzt – das sorgt dafür, dass wir uns wohl, geborgen & zugehörig fühlen. Diese Gefühle senken wiederum den Blutdruck und entspannen uns.
- Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen reduziert wird, weil Menschen das Gefühl haben, dass Sie für Ihre Leistung etwas Äquivalentes zurückbekommen (das sog. „Nehmen-Geben Balance“ wird hergestellt).
Sie sehen: Wertschätzung kann maßgeblich dazu beitragen, die Gesundheit am Arbeitsplatz zu erhöhen. Lassen sie sich diese Chance der Gesundheitsförderung nicht entgehen und nutzen sie die Kraft der Anerkennung. Für sich selbst – aber auch für alle Menschen denen Sie im Berufsalltag begegnen.
Die Gretchenfrage allerdings, die wir am Ende an Sie alle stellen, ist:
Wie lobe ich richtig und vor allem authentisch?
Wenn Sie dazu eine Idee haben, freuen wir uns sehr auf ihre Rückmeldung und wünschen viele bunte Gedanken und kreative Reflexionen zur gesunden Führung.
Bleiben Sie neugierig und (natürlich 😊) gesund!
Ludwika & Matthias